Description (de)
Gegenstand dieser gesellschaftsgeschichtlichen Forschungen zur preußischen Freimaurerei des 18. Jahrhunderts sind die Logengeschichte, die Mitglieder und die Mitgliederstruktur, das gesellschaftliche, soziale und kulturelle Leben der Logen und ihre Außenwirkung, also die reale gesellschaftliche Bewegung in der spätfeudalen Gesellschaft Brandenburg-Preußens gegen Ende der Frühen Neuzeit. Die ideologische Ausprägung der Freimaurersysteme (Rituale u.a.), die philosophische und literarische Kritik und die freimaurerisch inspirierte Kunst erscheinen nur am Rande.
Die Darstellung beruht auf dem überlieferten Archivgut, der meist nur unikal erhaltenen alten sowie auf der neueren masonischen Literatur, des weiteren auf der sozialgeschichtlichen, landesgeschichtlichen und biographischen Literatur. Ausgewertet werden vor allem die im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin-Dahlem, aufbewahrten, ab 1990 zugänglichen reichen Freimaurerbestände der Altpreußischen Logen, ferner Quellenbestände des Orde van vrijmetselaren onder het Grootoosten der Nederlanden, Den Haag, des Den danske Frimurerorden, Kopenhagen, des Landesarchivs Berlin, des Landesarchivs Magdeburg - Landeshauptarchiv, des Brandenburgischen Landeshauptarchivs, Potsdam, des Stadtarchivs Potsdam, des Thüringischen Hauptstaatsarchivs, Weimar, des Österreichischen Staatsarchivs, Abteilung Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien, sowie die Bibliotheken des Deutschen Freimaurer-Museums Bayreuth, der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland, Berlin, der Großen National-Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" zu Berlin, der Biblioteka uniwersytecka w Poznaniu, Pracownia Zbiorów Masonskich, Poznan, und der Großen Loge der alten freien und angenommenen Maurer von Österreich, Wien.
Die Darstellung ist chronologisch und regional gegliedert unter jeweils gleichen Sachpunkten; die kommentierten alphabetischen Mitgliederlisten sind den Logen nachgeordnet. Behandelt werden die Preußischen Staaten in den Grenzen von 1795 (Frieden von Basel, Dritte Polnische Teilung). Das vorliegende Manuskript hat die preußischen Logen zwischen Oder und Niederrhein zum Gegenstand; geplant sind weitere Bände zu Berlin sowie Pommern, Ost- und Westpreußen und Schlesien
Die positive Logenpolitik der preußischen Könige markierte den politischen Rahmen für eine ungestörte kontinuierliche Entwicklung der Freimaurerei, beginnend 1740 mit der Legitimierung der Freimaurer durch Friedrich II. und gipfelnd im Allgemeinen Landrecht für die preußischen Staaten und in dem auf ihm beruhenden Edikt wegen der geheimen Verbindungen (1794, 1798).
In den mittleren und westlichen Provinzen, ohne Berlin, sind in 30 Städten 47 rechtmäßig konstituierte Johannislogen als Gliederungen großer Logenbünde ermittelt. Bis zum Siebenjährigen Krieg blieben die wenigen Logen auf die großen Städte beschränkt. Der Siebenjährige Krieg belebte die Freimaurerei lediglich in den Festungen (Logen kriegsgefangener Offiziere). Nach dem Krieg nahm die Freimaurerei während eines langen Friedens trotz interner Auseinandersetzungen, des Logenkrieges, und Spaltungen einen großen Aufschwung. Sie erfasste das ganze Land, alle Groß-, die meisten Mittel- und viele Landstädte und auch das platte Land.
Ein Vorzug der Logen gegenüber anderen Sozietäten war ihre soziale Offenheit und Breite. Die Logen organisierten in wachsender Zahl Männer unterschiedlichen Standes und (christlicher) Konfession aus den neuen, das friderizianische Preußen tragenden und mit seinem Aufstieg verbundenen sozialen Schichten und Gruppen: Adlige und Bürger, Behördenbeamte und Offiziere, Finanz- und Manufakturunternehmer, Intellektuelle und Künstler. Sie leisteten einen wichtigen Beitrag zur Emanzipation und zur Grundlegung der bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts.
Die Logen organisierten 3665 Männer, die 32 Prozent aller preußischen Freimaurer ausmachten, außerdem 220 Dienende Brüder (Logenangestellte aus den Mittel- und Unterschichten). Die Vollmitglieder kamen zu einem Drittel aus dem überwiegend in Staatsdiensten stehenden Adel und zu zwei Dritteln aus dem neuen Bürgertum. Die Behördenbeamten und die Offiziere stellten etwa je ein Drittel, die Kaufleute, Finanz- und Manufakturunternehmer, Fabrikanten, Verlagsbuchhändler und -drucker, Gastwirte, Schiffskapitäne u.a. etwa ein Viertel und die Theologen, Hochschul- und Gymnasiallehrer, Ärzte, Apotheker, Studenten sowie die Künstler etwa ein Zehntel der Logenmitgliedschaft.
Die preußischen Logen des Zeitalters der Aufklärung waren rechtlich geschlossene Vereine. Sie waren weder schlechthin aufgeklärte, politische oder Geheimgesellschaften. Sie grenzten sich als Verein und im maurerischen Selbstbewusstsein (freimaurerisches Geheimnis) von der Öffentlichkeit ab, öffneten sich ihr aber sozial und kulturell. Sie halfen bedürftigen Freimaurern und ihren Familien, beteiligten sich am sozialen Engagement des Staates und der Kirchen, unterstützten oder unterhielten Waisenhäuser und Schulen, organisierten bei Brandkatastrophen und Überschwemmungen landesweite Geldsammlungen und errichteten eine der frühesten öffentlichen Badeanstalten. Die Logen initiierten und belebten das kulturelle Leben der Stadt mit öffentlichen Festen und Konzerten, stellten Denkmäler auf und richteten Bibliotheken, Lesegesellschaften und Ressourcen ein.
Bisher beschränkte sich die wissenschaftliche Literatur im Wesentlichen auf einzelne Personen und auffällige Erscheinungen. Über die reale Existenz der Logen und ihren einflussreichen Platz in der altpreußischen Gesellschaft war wenig bekannt. Damit fehlte ein wesentliches Element der Geschichte Brandenburg-Preußens. Die Untersuchung will diese Lücke schließen helfen.
Description (en)
In the centre of the present research on the social history of the Prussian freemasonry in the 18 century are the history of the lodges, the membership and its structure, the social and cultural life of the lodges and their influence on society, i.e. the actual societal situation of the lodges in the late feudal society of Brandenburg-Prussia towards the end of the Early Modern Age. The ideological aims and practice of the systems of freemasonry (rituals etc.), the philosophical and literary critique as well as the arts rooted in freemasonry are delt with only in passing.
The sources of this research are the traditional manuscripts from archives, mostly unique old scripts and modern masonic literature, as well as the literature of socio-historical, regional-historical and biographical origin. The following sources have been searched and analyzed: the opulent masonic sources of the ancient Prussian lodges of the Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin-Dahlem, having been made available since 1990; the sources of the Orde van vrijmetselaren onder het Grootoosten der Nederlanden, Den Haag, of the Den danske Frimurerorden, Kopenhagen, of the Landesarchiv Berlin, of the Landesarchiv Magdeburg - Landeshauptarchiv, the Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Potsdam, the Stadtarchiv Potsdam, the Thüringisches Hauptstaatsarchiv, Weimar, the Österreichisches Staatsarchiv, department Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Vienna, as well as the libraries of the Deutsches Freimaurer-Museum, Bayreuth, the Great Lodge of Freemasons of Germany, Berlin, the Great National Mother Lodge "To the Three Globes" in Berlin, the Biblioteka uniwersytecka w Poznaniu, Pracownia Zbiorów Masonskich, Poznan, and the Great Lodge of the Old Free and Accepted Freemasons of Austria, Vienna.
The Handbook is structured chronologically according to regions and with analogue topics; the alphabetic commented lists of the entire membership follow the chapters of every lodge. Regionally the research covers the Prussian states within their borders of 1795 (Peace of Basel, Third Polish Partition), but without territories that followed a relative autonomous way in their history, or belonged to Prussia only a short term, or came to Prussia after 1795. This manuscript deals with Prussian lodges between the Oder river and the Lower Rhine; the envisaged volumes for publication will include Berlin, Pomerania, Eastern and Western Prussia as well as Silesia.
The favourable policy of the Prussian kings formed the external political basis for a continuous development of the freemasonry in the monarchy. This began 1740 with the legitimation of the freemasons by Frederic II and led to the "Common Law of the Prussian States" and the following "Edict on Secret Associations" in 1798.
Between 1739 and 1806, 47 legally constituated Johannis lodges as parts of the larger Lodges have been registered in 30 towns in the middle and western provinces, but without Berlin. Until the Seven Year War (1756-1763) the small number of isolated lodges was restricted to the larger cities. A stimulating influence for the freemasonry came only from the garnisons (lodges of the captured officers). After the war, during a long peaceful period, the freemasonry took a steep upsurge, despite the internal struggles, called the "Lodge Wars", and the splittings. The freemasonry extended over the entire country, to the big cities and medium-sized towns and many rural towns.
The Lodges distinguished themselves from other associations by their social openness and broadth of membership. They organized a rising number of men from different classes, social strata, groups or trades, (christian) confessions, education and ages. The freemasons belonged to the newly emerging social strata and groups which formed the Prussian state of Frederic II and were closely connected with its progress. These were the nobility and the middle class, the clerks and officers, bankers and manufacturers, intellectuals and artists. Their contribution to the foundation and the emancipation of the bourgeois society of the 19 century was essential.
The Prussian lodges between the Oder river and the Lower Rhine organized 3,665 freemasons, these are 32 percent of the number of the presently registered freemasons, as well as 220 Serving Brothers (members of the middle and lower social strata). The members with full rights from the nobility formed one third, those from the new middle classes two thirds of the membership. According to their trades, the office clerks and the officers equally comprised one third, the entrepreneurs (merchants, bankers and manufacturers, publishers and booksellers, pub owners, ship owners) made up about one fourth, and the intellectuals (theologians, lecturers at university and gymnasiums, physicians, chemists, students) and the artists about one tenth of the memberships.
The Prussian freemasonry was characterized mainly by their social aims. Although the lodges were closed associations, they were neither political nor secret societies, nor were they enlightened, but they were part of the era of Enlightenment. As an association and in their masonic self-assurance (masonic secrecy) they separated themselves from the public, but in social and cultural terms they were open to the public. They helped needy members and their families, took part in the social engagement of the state and the churches, ran or assisted orphanages and schools, organized countrywide donations after fire catastrophies and floods, and they built one of the first public swimming baths and public monuments, and they organized public libraries, reading societies and ressources. Public festivities and concerts, initiated by the lodges, enlivened the cultural life of the cities.
In the past scientific literature usually confined itself to single persons and prominent events. Nevertheless, little was known about the actual existence of the lodges and their influential place in the civic society. Thus an essential element of the bourgeois society in Brandenburg-Prussia had been missing. The present book is meant to fill this gap.